Deutschland Schlusslicht bei Organspenden
Bonn,
23.03.17 Deutschland ist im Vergleich zu seinen
Partnerländern bei Eurotransplant Schlusslicht in Sachen
Organspende. Das zeigt der neueste Jahresbericht der Organisation. An
mangelnder Bereitschaft zur Organspende liegt das allerdings nicht.
Mehr als 10.000
Bundesbürger, die ohne eine Organspende in naher Zukunft sterben werden, sind
auf der Transplantations-Warteliste bei Eurotransplant registriert. Ein Blick
in den neuesten Jahresbericht der Organisation von 2015 lässt nachdenklich
werden: Deutschland fällt mit nicht einmal elf Organspendern pro Millionen
Einwohner weit hinter Ländern wie Österreich, Belgien oder Kroatien ab, die mit
22, 28 beziehungsweise 39 Organspendern pro Millionen Einwohnern aufwarten
können. Doch sind die Deutschen tatsächlich so wenig spendefreudig?
„Die Bereitschaft zur Organspende ist hierzulande hoch“, erklärt Erhard
Hackler, geschäftsführender Vorstand des Bundesverbands für
Gesundheitsinformation und Verbraucherschutz. „Acht von zehn Bundesbürgern
stehen der Organspende positiv gegenüber.“ Es sind andere Dinge, die zu dieser
Diskrepanz führen. Die immer wieder diskutierte Praxis der erweiterten
Zustimmungslösung ist es jedoch nicht: In Deutschland können Organe nur dann
entnommen werden, wenn der Verstorbene seine Bereitschaft zur Spende in einem
Ausweis festgehalten hat oder die Angehörigen in seinem Sinne dafür stimmen. In
Österreich oder Spanien ist dagegen jeder ein potenzieller Organspender, der
dies nicht im Rahmen der Widerspruchslösung ausgeschlossen hat. Doch auch
Luxemburg hat die Widerspruchslösung und trotzdem nur wenige Organspenden. Entscheidend
sind vielmehr organisatorische Gründe.
Vorbild Spanien: Organisation ist alles
In Spanien – Spitzenreiter
in Sachen Organspende – wurde 1989 ein Paket von organisatorischen Maßnahmen in
Kraft gesetzt, das innerhalb von drei Jahren zu vorbildlichen Spenderzahlen
führte. Dort wurden unter anderem für die Transplantationskoordinatoren an den
Kliniken Teilzeitstellen eingerichtet. Erfahrungen in Intensivmedizin und
Weiterbildungen sind Pflicht, das Ansehen dieser Position ist hoch. Die
Transplantationsbeauftragten an deutschen Krankenhäusern müssen ihre zusätzlichen
Aufgaben meist im normalen Klinikalltag unterbringen. Mögliche Organspender zu
identifizieren und zu melden, mit den Angehörigen zu sprechen und alle weiteren
Schritte bis zur Organentnahme in die Wege zu leiten, bedeutet einen enormen
Aufwand. „Es darf nicht sein, dass dringend gebrauchte Spenderorgane ungenutzt
bleiben, weil die Organisation dieser Abläufe aus Mangel an Ressourcen nicht
funktioniert“, beklagt Hackler. „Die Organentnahme braucht bei uns einen
höheren Stellenwert. Da können wir von Spanien lernen.“
Der Bundesverband für
Gesundheitsinformation und Verbraucherschutz e.V. (BGV) informiert seit mehr
als 15 Jahren über Organtransplantation und Organspende. In seiner
aktualisierten Broschüre „Zurück im Leben“ richtet sich der Verband an
Menschen, die Tipps und Informationen für den Alltag nach einer
Organtransplantation suchen. Der Ratgeber ist kostenfrei auf dem Postweg oder
über das Internet erhältlich. Bestelladresse: BGV e.V, Heilsbachstraße 32,
53123 Bonn, www.bgv-transplantation.de.
Quellen:
(1)
Bei Eurotransplant sind Deutschland,
Belgien, Luxemburg, die Niederlande, Österreich, Ungarn, Kroatien und Slowenien
organisiert. http://www.eurotransplant.org.
(2)
Deutsche Stiftung Organtransplantation
(DSO),http://www.dso.de
(3)
Annual
Report 2015 Eurotransplant International Foundation, http://www.eurotransplant.org/cms/mediaobject.php?file=AR_ET_20153.pdf
(4) Repräsentativbefragung
im Auftrag der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) 2016, https://www.organspende-info.de/sites/all/files/files/files/2016_09/Infoblatt%20Organspende_2016L.pdf
(5) Interview
mit Rafael Matesanz, Leiter der
Organspenden-Koordination Spaniens,http:/www.swissinfo.ch/ger/land-mit-modellcharakter-_was-spanien-zur-nr--1-in-sachen-organdspenden-macht/34763066